Hexen zu Taur [Thaur]
Der Pfarrer zu Taur, Brock von Weißenberg, hatte in einer getäfelten Stube alte, große Bücher, zum Theile mit Ketten geschlossen. Als in dieser Stube die Magd einmal allein war, öffnete sie aus Neugierde eines der Bücher und las eine Stelle daraus her. Da wimmelte plötzlich die ganze Stube von Mäusen, so daß die Magd vor Schrecken um Hilfe rief. Auf das Geschrei kam der Geistliche herbei, ließ sich schnell das Geschehene erzählen und las sodann die Stelle des Buches von hinten nach vorn ab, worüber die Mäuse sich alle wieder verloren. -
Wiesen mit Kornfeld in Thaur, von Arzl kommend,
mit Blick ins Unterinntal
© Wolfgang
Morscher, 17. Juli 2005
Eben daselbst hinter dem Schlosse, auf der Wiesmatte gegen Arzl herauf,
fielen einem armen Zimmermann drei Lämmer, die den Abend zuvor noch
frisch und gesund gewesen. In des Zimmermanns Hinterhaus wohnte eine Schäfersfrau,
die im Rufe der schwarzen Kunst stand. Da sie gerade denselben Abend die
Lämmer freundlich gefüttert und gestreichelt hatte, argwohnte
sogleich des Zimmermanns Weib, sie habe den Lämmern es angethan.
Sie gieng zu einem Mehlhändler, der wegen seiner geheimen Kenntnisse
und Künste bekannt war, erzählte ihm den Vorfall und versprach
ihm einen guten Lohn, wenn er ausfindig machte, durch wen ihr der Schaden
zugefügt worden sei. Der Mehlhändler sagte, sie solle den Lämmern
die Ohren und Schwänze abschneiden dieselben in der verschlossenen
Küche auf glühende Kohlen legen und jede Öffnung der Küche,
selbst das Schlüsselloch und alle Ritzen wohl verstopfen, auch müsse
die Stube alsdann rein gekehrt sein, daß kein Abschnitzel auf dem
Boden liege; wenn nun die Ohren und die Schwänze anfiengen zu brennen,
werde die Person herbeikommen, welche Schuld an dem Fallen der Lämmer
sei. Nachdem sich die Zimmermannsfrau mit ihrem Manne verabredet, that
sie alles, was ihr der Mehlhändler gerathen hatte. Kaum glimmten
die Ohren und Schwänze, so kam die Schäfersfrau hastig zum Zimmermann
in die Stube, fragte ängstlich nach seiner Frau und verlangte in
die Küche. Der Zimmermann antwortete, seine Frau sei ausgegangen
und habe die Schlüssel zur Küche mitgenommen, daß er selbst
nicht hinein könne. Da wurde die Schäferin immer ängstlicher
und jammerte, sie müsse verbrennen, wenn man das, was in der Küche
auf dem Feuer sei, nicht davon nehme. Auf dieses ließ der Zimmermann
die Kohlen sogleich auslöschen, jagte aber die entlarvte Hexe für
immer aus seinem Hause. (Hormayr's Taschenbuch 1840, S. 322 u. s. f.)
Quelle: Sagen aus Tirol, Gesammelt und herausgegeben von Ignaz V. Zingerle, Innsbruck 1891, Nr. 754, Seite 425f.