Hexen als Katzen
Vor vielen Jahren giengen einige Burschen in ein Gasthaus. Auf dem Wege gieng die Rede, wer sich fürchte. Da rief jeder:
"Ich fürchte mich, wenn ein Geist oder etwas Unheimliches käme."
Einer sagte aber: "Ich fürchte mich nicht."
Als es Abend wurde, und sie nach Hause giengen, kamen sie an einem Kreuzbilde
vorüber. Da sah der "Nichtfürchter" zwei Katzen, welche
ihn mit glühenden Augen anglotzten und ihm Sand nachwarfen. Er griff
auf den Boden und warf Steinchen auf die zwei Katzen und da kamen immer
mehr solche Thiere, bis die Mauer ganz voll war, und alle warfen Sand
auf ihn. Und als er wegflüchtete, verfolgten ihn die Vieher [Viecher]
bis zur Thüre seiner Kammer. Hinein konnten sie nicht, weil er einen
geweihten Klopfer an derselben und ein Weihbrunnkrüglein in der Kammer
hatte. Da liefen die Katzen gräulich miauend davon. Die grauen Vieher
waren Hexen. (Matrei.)
Quelle: Sagen aus Tirol, Gesammelt und herausgegeben von Ignaz V. Zingerle, Innsbruck 1891, Nr. 740, Seite 418f.