Die Wallfahrt Mariastein
Seit den frühesten Jahrhunderten stand hier ein Schloß, Stein
genannt, das im Jahre 1363 die Freiherrn von Freundsberg besaßen.
Später kam es an die Freiherrn von Ilsung. Schon in dieser Zeit wurde
in der Schloßkapelle ein aus Holz geschnitztes Marienbild, das Jesukind
auf dem Schoß haltend, aufbewahrt und in hohen Ehren gehalten. Als
hernach Freiherr Friedrich von Ilsung das Schloß mit allem Zugehör
am 5. März 1587 an den Freiherrn Karl von Schurf verkaufte, behielt
er doch das Marienbild in der Schloßkapelle für sich und nahm
es mit nach Augsburg, wo er seine neue Wohnung aufschlug. Allein das Muttergottesbild
war plötzlich, ohne daß man wußte, wie es geschehen war,
wieder in der Schloßkapelle zu Stein an seiner alten Stelle. Dieses
wurde dem Ilsung in Augsburg angezeigt, der das Bild wieder nach Augsburg
zurückbringen ließ. Doch es war ohne Erfolg. Denn gleich in
der Nacht kam es wiederum unsichtbarer und wunderbarer Weise aus dem Hause
Ilsung weg und befand sich in Stein. Nun wurde das wunderbare Marienbild
in Stein gelassen und der Ort selbst erhielt davon den Namen "Mariastein."
Das wunderbare Ereigniß [Ereignis] mit dem Bilde veranlaßte
aber bald zahlreiche Wallfahrten aus Nah und Fern zu diesem Gnadenbilde
in Mariastein. Schon im Jahre 1606 wurde alsdann am Schloßkirchlein
eine eigene Kaplanei errichtet, und die frommen Wallfahrten vermehrten
sich von nun an so sehr, daß in frühern Jahren deßwegen
regelmäßig fünf Priester an diesem Kirchlein angestellt
werden mußten. (Fliegendes Blatt.)
Quelle: Sagen aus Tirol, Gesammelt und herausgegeben von Ignaz V. Zingerle, Innsbruck 1891, Nr. 879, Seite 511.