Das Wirthshaus in Maurach
Als ein Bauer am Pfingstsonntag spät abends von Umhausen gegen Längenfeld
heimkehrte, hörte er in der Loam viele Leute reden und singen, konnte
aber niemanden sehen. Er hob nun seine Füße besser auf - und
holte ein Stück außer Sattelan drei Weiberleute und ein Mannsbild
ein. Alle vier waren seltsam gekleidet und wälschten so, daß
der Bauer kein Wort von ihrem Gespräche verstehen konnte. Als sie
gegen Sattelan kamen, stand ober dem Wege ein Wirthshaus, das so groß
wie ein Schloß und hell beleuchtet war. Eine sauber gekleidete Kellnerin
lud sie ein hineinzukommen, und der Baue kehrte ein, obwohl er ein Panzele
Branntwein bei sich hatte. Da waren in einer großen Stube viele
Leute und zechten und tanzten, musizirten [sic] und sangen, daß
es eine Lust war. Den Bauern sahen sie mit großen Augen an, als
ob er ihnen nicht recht wäre. Endlich trat der Wirth zu ihm und sagte,
er solle das Panzele, den Stößlrock und den Stecken in einen
Winkel thun und sich niedersetzen. Als der Bauer dies gethan hatte, wurde
ihm Gesottenes und Gebratenes nebst einer großen Kanne Wein vorgestellt.
Unter anderem brachte ihm der Wirth eine Wurst, die gar schön aussah.
Wie der Bauer aber die Wurst aufschnitt, lag ein ungeheurer Beißwurm
auf dem Teller. Da schrie er vor Überraschung:
"Jesus, Maria, was ist das?"
und im Augenblicke war alles verschwunden. Der Bauer lag aber in einer
großen Lacke und konnte das Panzele sammt Hut und Rock nimmer finden.
Seit diesem Begebniß [Begebnis] ist er nie mehr in der Nacht durch's
unheimliche Maurach gegangen. (Ötzthal.)
Quelle: Sagen aus Tirol, Gesammelt und herausgegeben von Ignaz V. Zingerle, Innsbruck 1891, Nr. 742, Seite 419f.