Der Schatz auf Prösels
Es ist schon lange her, als einmal ein ehrwürdiger Pater zum Schloß
Prösels hinaufstieg, um allda Gaben für sein Kloster einzusammeln,
Butter, Eier und Schmalz, oder was sonst gute Leute ihm schenkten. Der
Sammelpater trat in die Schloßraume und sah eine Thüre [Türe]
offenstehen, durch die er sich hineinduckte. Es war ein schönes Gemach
voll Pracht und Herrlichkeit. In der Mitte stund ein Tisch und darauf
lag eine alte, alte Schrift. Auf der war zu lesen, daß im Schloß
hier ein Schatz liege und an dem und dem Orte sei er zu heben. Neben der
Schrift lag ein rostiger Schlüssel, mit dem sollte er die Thür
zum Schatze aufsperren. Der arme Pater traute kaum seinen Augen. Eilends
machte er sich auf und holte den Schloßbaumann, da er selber kein
Geld anrühren dürfe. Mitsammen giengen sie in's Gemach, wo der
Pater Schlüssel und Schrift zurückgelassen hatte, aber alles
war verschwunden. Kein Schlüssel, keine Schrift war anzutreffen und
alle Herrlichkeit im Gemache hatte ein Ende. Beide zogen traurig von dannen.
Der Schatz ist versunken, tiefer als früher, und wer weiß,
ob ihn noch jemand heben kann. (Völs. Obwurzer.)
Quelle: Sagen aus Tirol, Gesammelt und herausgegeben von Ignaz V. Zingerle, Innsbruck 1891, Nr. 616, S. 350