Der Schatz auf Wiesberg
1.
Ein Mann gieng einst am linken Ufer der Trisanna nach Patznaun, und als er Wiesberg gegenüber war, schaute er zum stolzen Schloß hinauf. Da fah er von der Höhe des Schloßberges einige goldene Kugeln, welche wie die Mittagssonne funkelten, mit Blitzesschnelle herabrollen, doch an einem bestimmten Platze blieben sie liegen. Er gieng nun hinzu in der süßen Hoffnung, er werde einen Schatz finden und ein reicher Mann werden. Wie er aber hinzugekommen war, sah er nichts als Kohlen und Lumpen. Hätte er sie aufgehoben, wäre der Geist vielleicht erlöst und er reich geworden.

2.

Ein anderes Mal gieng ein Bursche in einer mondscheinhellen Nacht am Fuße des Schloßhügels vorbei und sah neben dem Wege ein kleines Fäßchen stehen. Wie er es bemerkte, dachte er sich, da ist auch Jemand noch spät auf dem Wege, und stieß mit einem Fuße an das Fäßchen, um zu sehen, ob es schwer sei. Das Fäßchen schien aber sehr schwer zu sein. Er gieng nun weiter, und als er vorbei war, knallte das Fäßchen wie ein Poller. Er sah erschrocken zurück, konnte aber von Allem keine Spur mehr sehen. Hätte er das Fähchen, das voll Gold war, mit sich genommen, wäre der Geist erlöst worden. (Patznaun.)

Quelle: Sagen aus Tirol, Gesammelt und herausgegeben von Ignaz V. Zingerle, Innsbruck 1891, Nr. 588, Seite 333f.