Das Nationalspiel der Vorarlberger - Jassen
Wie in der Schweiz, so ist auch in Lustenau und in ganz Vorarlberg der „Jass“ zum „Nationalspiel“ geworden.
In der Volkskunde der Schweiz von Richard Weiß schreibt dieser, daß der Ursprung des Kartenspiels in Chinesisch-Turkestan gesucht wird. Durch die ritterliche Oberschicht drang es während der Kreuzzüge über Italien in Europa ein und entwickelte sich mit der Zeit zum Soldaten- und Volksspiel. In Basel wurde ein Kartenspiel gefunden, das aus dem 15. Jahrhundert stammt und dem heutigen sehr ähnlich sieht. Die Karten weisen, wie heute noch, u. a. König, Ober und Unter auf. Die Farben waren: 1) Schellen, 2) Hüte oder Eicheln, 3) Federn, später Rosen (Herz) 4) Wappen, woraus die Schiiten (bei uns Laub) wurden.
Die Geschichte des Jasses ist noch ungeklärt, schreibt R. Weiß. Es wird bis jetzt angenommen, er sei durch Söldner rheinaufwärts aus Holland gekommen. Da die Tiroler den Jaß nicht kennen, ist mit ziemlicher Bestimmtheit anzunehmen, daß er von der Schweiz her zu uns gedrungen ist. Wir spielen mit Vorliebe den „Kreuzjaß“ und den „Schieber“. Aber auch der „Zuger“, der „Steigerjaß“ sowie der „Präferenzjaß“ sind beliebt. In jüngster Zeit ist der „Hinderschi- und Fürschijaß“ stark in den Vordergrund getreten. In unserer Gemeinde wird in den Wirtschaften und in den Privathäusern sehr viel gespielt und die Lustenauer gelten auch im ganzen Lande als ausgezeichnete Jasser.
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Nebst dem Jaß sind bei uns noch einige andere Kartenspiele üblich. So war um die Jahrhundertwende und später noch „'s Dappa“ ein bevorzugtes Spiel. „Ramsen“ („Spitzramsen“), „Mariaschen“, „66“, „Herzla", „Lügo“ usw. sind bekannte Spiele. Auch das aus dem Tirol stammende „Laubbieten“ wird bei uns hin und wieder gespielt.
Ein beliebtes Kartenspiel eigener Art ist das „Zwicken“. Es ist ein Hasardspiel mit drei Karten. „Zwickt ist zwackt und zwackt ist g'stohlo“, sagt der Lustenauer. Da das Spiel gewöhnlich mit ganz niedrigem Einsatz gespielt wird, nimmt es nie Formen an, daß sich die hohe Obrigkeit genötigt sieht einzuschreiten. Es ist bis heute ein äußerst schnelles und lustiges, wenn auch aufregendes Gesellschaftsspiel geblieben. Diesem ähnlich ist das „Mauscheln“, nur daß letzteres mit vier Karten gespielt wird. Nicht gar so harmlos wie das „Zwicken“ ist das „Banken“ und das zur Zeit des ersten Weltkrieges aufgetauchte „20 und 1“. Obschon auch diese zwei Hasardspiele gewöhnlich mit niedrigem Einsatz gespielt werden, hat dabei doch schon mancher sein „Sackgeld“ verloren. Ein alter und wahrer Lustenauer Spruch sagt: „A Spielar heät ko ôuogo (eigenes) Geäld.“
Quelle: Brauchtum, Sagen und Chronik, Hannes Grabher, Lustenau 1956, S. 126f