67. Auf der Alpe Althauserwies
Bei Sibratsgfäll im Bregenzerwald liegt die Alpe Althauserwies. Da stehen zwei stattliche Alphütten, die der Fuggenbach trennt, der hier die Grenze zwischen Vorarlberg und Bayern bildet. Die eine Hütte steht auf vorarlbergischem, die andere auf bayrischem Boden. In diesen Hütten, besonders in der bayrischen, treibt ein böser Geist sein Unwesen. Viele Leute zünden vor Furcht schon vor Einbruch der Dunkelheit ihre Laternen an, wenn sie an den Hütten vorbeigehen müssen. Der Geist ist von mächtiger Gestalt und vom Kopf bis zu den Füßen in ein langes weißes Tuch gehüllt. Der jetzige Besitzer der Alpe konnte nur mehr schwer Sennen auftreiben, die den Mut hatten, den Sommer über dort zu wirtschaften. Was der Geist alles angerichtet hat, ist nicht zu beschreiben. So läutet er oft in der Nacht sämtliche Kuhschellen und Rumpeln, die mit ihren breiten, verzierten Riemen bis zur Abfahrt von der Alpe auf dem Speicher hängen. Wenn man schaute, war alles still. Auch die Brenten oder Gebsa und alles Alpgeschirr warf er durcheinander. Nachts, wenn die Sennen im besten Schlafe lagen, wurden sie oft durch ein Gestampf aufgeschreckt, als ob sechs Mann mit beschlagenen Schuhen daherkämen. Wenn der Käse eingespannt war, bekam er oft einen Buckel und man mußte ihn schleunigst loslassen, damit nicht alles zerreiße. Die Sennen, die auf der Brüge schliefen, bemerkten oft, daß im Stall ein Licht war. Wenn sie dann nachschauten, wer Licht gemacht habe, wurde es auf einmal wieder stockdunkel.
Quelle: Im Sagenwald, Neue Sagen aus Vorarlberg, Richard Beitl, 1953, Nr. 67, S. 58