284. Die Beschwörung auf Gamp
Die schöne Alpe Gamp gehört der Ortschaft Beschling. Dort auf Gamp hat einmal ein Beschlinger im Winter einen Sennkessel gestohlen. Er hat den Kessel zerschlagen, die Stücke in einer Heuburde versteckt nachhaus gebracht und das Kupfer verkauft. Nach seinem Tod mußte er in der Sennhütte auf Gamp geisten; man sah ein unheimliches Schwein unter dem Schottentrog liegen. Jene Bütze aber, die in Tiergestalt den Menschen erscheinen, können nicht erlöst werden. Man holte also einen Kapuziner, der den Butz in den Lünersee bannen sollte. Der Kapuziner kam und begann die Beschwörung. Die erwachsenen Leute sahen dabei nichts vom Butz. Der Batzger (Kleinhirt) aber, ein unschuldiges Büble, sah einen Mann mit hocherhobener Axt vor dem Pater stehen und zum Kapuziner sagen: „Fehlst du ein Wort beim Lesen, so spalte ich dir den Kopf." Der Kapuziner schwitzte, daß ihm der Schweiß in Bächlein herabrann, aber er machte seine Sache recht. Der Butz fing nach und nach an zu zittern und ließ die Axt fallen. Schließlich sagte der Kapuziner zum Butz: „Weil du mir gedroht hast, so darfst du nicht zur Tür hinausgehen, sondern du mußt zur Strafe durch das kleine Loch hinausschliefen, das unter der Türschwelle ist." Der Batzger sah dann, wie sich der Butz mühselig durch das enge Loch unter der Türschwelle hinauszwängte, wo sonst das Spülwasser hinausrinnt.
Quelle: Im Sagenwald, Neue Sagen aus Vorarlberg, Richard Beitl, 1953, Nr. 284, S. 165