250. Die tausendjährige Eibe in St. Corneli
Beim Santanilgakirchlein am Fuße der alten Ruine Tosters steht eine große Eibe, deren Alter vom Volke auf tausend Jahre geschätzt wird. Die Rinde dieses Baumes gilt als besonders wirksam gegen Zahnweh. Sie mußte durch einen Brettergürtel geschützt werden, sonst wäre der ehrwürdige Baum ein Opfer seines Ansehens geworden. Alte Sage verleiht der Tausendjährigen noch eine besondere Weihe. Als nämlich die seligste Jungfrau einst nach Einsiedeln kam, machte sie drei Schritte. Den ersten tat sie in Sankt Gerold, den zweiten bei dieser Eibe und mit dem dritten war sie schon im Schweizerkloster. Unter der Eibe in St. Corneli aber hatte die Muttergottes noch ein Weilchen gerastet. Der Baum muß also damals schon ganz stattlich gewesen sein, und das ist gewiß schon lange her. Wo sich die Krone der Eibe über dem dicken kurzen Stamm in zwei Wipfel teilt, grüßt das geschnitzte Bild der Gottesmutter mit ihrem Kinde herab. Daß St. Corneli, die alte Pfarrkirche von Tasters, im Volksmunde „Santanilga" heißt, kommt vielleicht davon, daß an der Stelle, wo Maria gerastet, weiße Jlgen (Lilien) entsprossen seien. Weiße Jlgen hält auch das Jesukind in dem Bilde auf der Eibe in Händen.
Quelle: Im Sagenwald, Neue Sagen aus Vorarlberg, Richard Beitl, 1953, Nr. 250, S. 145f