72. Der Bauer
In Andelsbuch wird erzählt:
Im Schwabenland, in der Nähe von Heimenkirch, wollte einmal ein Bub übernachten. Ein Bett war aber keins mehr da und auf dem Heu zu schlafen, sagte der Knecht, sei nicht recht ratsam. Der Bub aber war kein Fürchter und mit dem Lager auf dem Heustock mehr als zufrieden. Zu später Stunde, als der Bub schon eingeschlafen war, ging das Tenntor auf und ein Mann mit einem Karren fuhr herein. Er stieg über die Leiter auf den Heuboden hinauf, trat zum Lager des erschrockenen Buben, legte sich über ihn und spreizte die Beine über ihm aus. Dann kehrte er um, die Leiter hinab, das Tor hinaus, das Knarren des Karrens und wieder Ruhe. Der Bub aber hatte für diese Nacht geschlafen genug. Auf diesem Heuboden hatte sich zwei Jahre früher der Bauer erhängt. Dafür mußte er offenbar am Ort der Tat geisten.
Quelle: Im Sagenwald, Neue Sagen aus Vorarlberg, Richard Beitl, 1953, Nr. 72, S. 60