101. Die drei Rechner in Schröcken
In das alte Wirtshaus von Schröcken, das im Jahre 1863 abgebrannt ist, kamen jede Nacht drei geisterhafte Männer. Schlag zwölf Uhr traten sie zur Stubentüre herein, stellten die mitgebrachte Laterne auf den Tisch und begannen auf der steinernen Tischplatte fieberhaft zu rechnen. Um ein Uhr nachts verließen sie wieder traurig die Stube und klagten: „Wir habens nicht recht und bekommens nicht recht l" Ein schneidiger Mann und ausgezeichneter Kopfrechner, Johann Weißenbach von Warth, blieb einmal in diesem Wirtshaus Übernacht. Er wollte sich auf die Ofenbank legen. Der Wirt widerriet ihm das und erzählte ihm endlich von den drei Geistern. Jetzt blieb der Mann erst recht auf der Ofenbank und gedachte, die Geister zu erlösen. Um Mitternacht kamen die unheimlichen Gäste und setzten sich an den Tisch. Zweien konnte der Warther ins Totenantlitz schauen, der dritte kehrte ihm den Rücken zu. Schon nach einiger Zeit merkte der Mann aus den Gesprächen der Geister, daß es sich um eine Alprechnung handle und er entdeckte auch bald, wo und wie die Männer fehlten. Da stand er auf und wollte an den Tisch gehen, um die Männer über den Rechnungsfehler aufzuklären. Schon war er in der Mitte der Stube, da schaute ihn der Geist an, dessen Gesicht er bisher noch nicht gesehen hatte. Dieses Antlitz war aber so wüst und fürchterlich, daß der gute Mann den Mut verlor und eilig wieder die Ofenbank aufsuchte. — Als 1863 das Wirtshaus abbrannte, da sahen etliche Leute etwas Weißes aus dem Feuer gegen den Himmel schweben. Diese Geschichte erzählte der Bauer Franz Schneider, der den Rechner noch gekannt hat.
Quelle: Im Sagenwald, Neue Sagen aus Vorarlberg, Richard Beitl, 1953, Nr. 101, S. 76