375. Fluchen, daß es eine Gewalt hat
Auf den beiden Alpen Ober- und Unter-Fasnella bei Fontanelle war es noch lange ins vorige Jahrhundert hinein nicht geheuer. Gar die Hirten am Oberstafel hatten viel wegen nächtlichen Stöbens zu klagen. Oft zwei- ja dreimal in einer Nacht kam es plötzlich über die Tiere, daß sie außer Rand und Band wie wütend umherrannten, brüllten, einander stachen und schließlich Schutz in den Schärmen suchten. Die müden Hirten hatten Arbeit, das Vieh wieder auf sein Lager zu treiben. Und ob sie auch stundenlang Wache hielten und beteten, es war alle Sommer das gleiche. Da ward einst ein neuer Oberhirt gedungen, ein rescher Dreinfahrer, der sich nie fürchtete. Als die Herde auch ihm nachts erwildete, jagte er sie gleich das erstemal in vollem Zorn zurück und fluchte, daß es eine Gewalt hatte. Von da an war Ruhe und der Butz beschworen.
Quelle: Im Sagenwald, Neue Sagen aus Vorarlberg, Richard Beitl, 1953, Nr. 375, S. 214