123. Mädchenhändler
Es ist Tatsache, so erzählen die Lustenauer. Ein gewisser J. aus Lustenau ging nach Amerika. Er soll vor zwanzig Jahren gestorben sein. T. hat ihn noch gut gekannt. In ganz Lustenau habe man ihn mit dem Spitznamen den „Weltguck" geheißen. Er kam mit viel Geld von Amerika zurück, verdient mit Sklavenhandel. Er war ledig, hat Mädchen verlockt und belogen und sie dann teuer verkauft. Er hat ihnen vom Zungenspitzchen geschnitten, damit sie nicht mehr reden können und sie nach Afrika verkauft. Als reicher Mann kam er nach Lustenau, um die alten Tage zu verbringen. Er sei lebend verfault im Bett und samt der guten Bezahlung wollte niemand ihn warten. Wie er gestorben — oder tot war, nicht gestorben — sei ein großer schwarzer Pudelhund im Haus und ums Haus herum gelaufen. Dann habe man das Haus benedizieren müssen und den Geist hinausschwören und niemand habe mehr dort sein wollen und er sei nicht zum Hinausbringen gewesen. Dann habe einer das Haus sehr billig gekauft, habe die alte Türschwelle wegreißen lassen und etwas Hochgeweihtes darunter gelegt und die neue Schwelle darauf und jetzt könne der Pudel nicht mehr hinein.
Vom Grafen X. in B. wird auch erzählt, daß er Sklavenhändler gewesen sei: Wie er krank war, habe er immer den Teufel gesehen und an den Wänden hinauf sei er gesprungen, wie vom Teufel getrieben. Darum habe man die schöne Villa zu einer Anstalt verschenkt. Die Dienerschaft habe sich arg gefürchtet.
Quelle: Im Sagenwald, Neue Sagen aus Vorarlberg, Richard Beitl, 1953, Nr. 123, S. 86f