224. Mondtrinken
In Weiler waren an einem Vorsommerabend die Kinder noch mit ihrem Ahne auf der Hausbank und der Mond schien hell und spiegelte sich im alten Baumtrog. Lisle ging und schöpfte in die Hand; sie ließ das lichte Wasser über die Finger fließen und trank, weil der Mond so schön darein schien. Von da an ward sie bleich und wenn der Mond voll heraufkam, mußte sie ihn anschauen und in der Nacht schlafend wandeln.
Wenn der Mond scheint, sollen die Mädchen aus keinem Brunnen trinken, heißt es im Oberland, sie könnten mondsüchtig werden, denn sie trinken den Mond mit.
Quelle: Im Sagenwald, Neue Sagen aus Vorarlberg, Richard Beitl, 1953, Nr. 224, S. 134