274. Die Pfaffakellerin in Gurtis
Wenn Leute von Gurtis in der Nacht durchs Rofel gehen, steht die Pfaffenkellerin wie eine Schaffreite (Küchenschrank) mitten im Weg und muß umkehren. Wenn man eine Tanne umsägt, daß sie unter dem Zwölfeschlagen fällt, so kommt die Pfaffenkellerin als schönes Mädchen, setzt sich auf den Stamm und strählt ihre langen, roten Haare. Solches geschieht am hellen Tag. Es kommt dann ein Haufen Ferkel, die der Pfaffenkellerin auf den Schoß krabbeln. In der Nacht hockt die Pfaffenkellerin den Leuten auf. Ein Gurtiser mußte sie einmal weit tragen. Als der Mond durch die Wolken brach, sah er einen Roßkopf ober seine Achsel hängen. — Die Pfaffenkellerin war früher eine Pfarrersköchin von Gurtis, die heimlich ein Kind gebar und es den Schweinen vorwarf. Jetzt muß sie in der Nacht auf der Strecke Gurtis-Rofel-Gampelün-Halden-Roßnis bis zum Roßniser Bächle, der Grenze zwischen Nenzing und Frastanz, einen Rudel Schweine treiben, herab und hinauf.
Quelle: Im Sagenwald, Neue Sagen aus Vorarlberg, Richard Beitl, 1953, Nr. 274, S. 158