151. Die steinerne Säule
Ob der ersten Schranke unter dem Bahnwächterhüttlein stand früher — die alten Leute mögen's noch denken — eine viereckige Steinsäule, die sogenannte „stüani Sul", von der ein Teil des umliegenden Ackerlandes den Namen erhielt. Ober den Ursprung dieses Denksteines erzählen sich die Leute diese Geschichte: In einem Krieg — man weiß nicht mehr, in welchem — schoß man mit einer Feldschlange vom Emser Schloß bis nach Lindau über den See hinüber, und zwar so, daß die Kugel das Glockenseil — man habe gerade elf Uhr geläutet — abriß und überdies noch einer Magd, welche auf dem Kopfe Wasser zur Küche trug, die Kanne hinunterschlug. Die Lindauer gaben den Schuß zurück. Weil aber diese Bodenseestadt nicht auf einem Berge liegt wie die Festung Ems, traf die Kugel nicht in die Burg, sondern sie fiel unterhalb von Hohenems nieder und dort wurde die „stüani Sul" aufgerichtet. Jetzt ist keine Spur von dieser steinernen Säule zu finden. Doch vor einer Anzahl Jahren wurde der hölzerne Rost ausgegraben, auf welchem sie gestanden, und die Felder dort haben heute noch den Namen: bei der Stüanisul.
Quelle: Im Sagenwald, Neue Sagen aus Vorarlberg, Richard Beitl, 1953, Nr. 151, S. 99