166. Der Schatz ist eine Hexe
Früher erzählte man noch viele solche Geschichten. Hexen muß es wohl doch gegeben haben, wenn auch nicht alles wahr ist, was von ihnen gesagt wird; manches ist doch gar zu kindisch.
So erzählt man z. B. es seien einmal zwei Mädle gewesen und ihre Mutter. Ein Bub sei zu einem von den Mädle zur Stubat gegangen und das jeden Abend. Einmal habe das Madie zum Schatz gesagt, morgen abend soll er nicht kommen.
Den jungen Mann nahm es aber doch wunder und er ging verstohlen hin und versteckte sich unter der Stiege. Er glaubte vielleicht, daß die seine auf heute Nacht einen ändern eingeladen habe. Es kam aber etwas ganz anderes. Er sah, wie die Alte ihre Füße mit einer Salbe, es wird die Hexensalbe gewesen sein, einschmierte und darauf das Verslein sagte:
„'s Kämmi uf und niener a
in ar Halbstund wieder da!"
Und wirklich flog sie durchs Kamin fort und kehrte nach einer halben Stunde mit einem kleinen Kinde zurück, das sie dann gesotten hat und wahrscheinlich auch gegessen, das weiß ich nicht mehr. Der Liebhaber hatte genug; er wollte aus diesem Hause seine Braut nicht holen und ging auch die ändern Abende nicht mehr hin.
Quelle: Im Sagenwald, Neue Sagen aus Vorarlberg, Richard Beitl, 1953, Nr. 166, S. 105