332. Der Schmittabutz
In der Parzelle Schmieden bei Bludenz stand vor alten Zeiten eine kleine Schmiede mit einem einstöckigen Häuslein. In dem verlemmerten Hüttle hat manches Jahr ein Butz gegeistert, ein großer, schwarzer Mann, aber sonst ein freier Tschole. Die Egnen von der Hausehr haben ihn die ganze Zeit gesehen und gehört. Den fremden Leuten hat er sich underselten gezeigt. Gewöhnlich ist er hinter dem Ofen gehockt und hat so traurig vor sich hin gestaunt. Etwa einmal hat man ihn auch auf der Oberdille gehört und dann ist es grad gewesen, als ob er in einem Sack Ketten putze, so hat es gerollnet und getschätteret. Wenn die Schmiedebuben von der Stubete heimgekommen sind, da ist der Butz aalweg draußen auf dem Solder gestanden. Die Buben sind durchs Band ziemlich rauhe Mann gewesen und haben den unheimlichen Gages ohne viel Spergamenten auf die Seite geschupft, grad wenn es das gebraucht hat. Fremde Buben haben sonst Spuntis gehabt vor dem Schmittabutz. Beim Schmittahüsle etwas pößlen, geschänden oder leidwerken hat früher eine Nase aufgehabt und einmal ist ein Kerle keibisch eingegangen. Hinter dem Haus war das Almateil. Etwa um das Jahr 1817 ist die Bludenzer Almein, die etwa von der Bürser Straße über Brunnenfeld bis gegen Bings reichte, auf die einzelnen Hausnummern aufgeteilt worden. Auf dem Almateil, der zur Schmiede gehörte, sind etliche Weltskriesibäume gestanden. Da haben einmal ihrer drei Buben wollen gehn Kriese stehlen. Wie sie anfangen auf den Döldern droben hocken, kommt der Schmittabutz und macht ein gräuseligs Paar Augen hinauf. Zuerst tut es die Kriesischelmen grad erginzen, aber weidlich ist so ein lutrischer Bettler beschossen und sagt: „Wart, du Koga" und hoppt dem Geist auf den Rücken hinab. Aber beim Sack, dem Lappori ist es letz und leid gegangen! Wie ein Wetterläch ist der Butz dem Staudenäulein zu, wo jetzt der Bahnhof steht, und dort draußen schießt er mit seinem Trag umeinander, bis der Waghals voll Flärren und Schmuttern gewesen ist und ausgeschaut hat wie ein Marterbild. Endlich wirft der Geist den Schelm an den Boden und brummelt: „So, für diesmal hob ich dich geordnet, aber das nächstemal hanget deine Kuttel an den Stauden!"
Späterhin hat der Klaus einmal in die Schmiede ein Poppele gebracht; aber das arme Heiterlein ist nie recht wehrhaft und musper worden. Der Butz hat aber das Döchtle entsetzlich gern mögen. Die Schmiedeleute haben manchesmal mit dem Geist gekiebet und haben ihn von der Wiege weggejeucht, weil sie gemeint haben, der Butz wolle ihnen ihr Poppele nehmen. Aber der Butz hat dem Kindle ordentlich den Schlotzer gespitzt, er hat es aus- und eingefäschet und der Mama ins Bett gelegt. Stundenweis hat er das Gögle gewieget und fleißig nachgeschaut, ob es trocken sei. Das Kind ist aber allweg kränker und kränker worden und am End gestorben. Da hat der Butz zu den Schmiedeleuten gesagt, er sei jetzt durch das Engele erlöst. Von dort ab ist der Schmittabutz verschwunden. Das ist etwa vor drei Mannsdenken passiert.
Quelle: Im Sagenwald, Neue Sagen aus Vorarlberg, Richard Beitl, 1953, Nr. 332, S. 192f