174. Der fahrende Schüler
In alten Zeiten kamen manchmal „fahrige Schüeler" nach Ems. Wenn die Leute, bei denen diese Schüler übernachteten und sich sättigten, den Lohn für ihre Gastfreundschaft verlangten, bezahlten die fahrenden Schüler soviel die Leute wollten, denn sie hatten Geld so genug wie Wasser. Die Schüler durften aber nicht mehr geben, als man von ihnen forderte, und die Leute wagten gewöhnlich nicht, viel zu verlangen.
Noch heute weiß man das Haus in der Belzreute, an welchem ein fahriger Schüler seinen „Drack" anzubinden pflegte, auf dem er jedes Jahr um Weihnachten hergeritten kam. Von dort aus stieg er auf die steile Spallafluh hinauf, wo er ein Maß flüssigen Goldes holte, das in einer Höhle der Spallafluh wie Honig herabtropfte. Wenn der Schüler dann zurückkehrte, übernachtete er in jenem Haus, an dem er sein sonderbares Reittier angebunden hatte. Bevor er die Herberge verließ, bezahlte er die Leute aufs reichlichste.
Solche fahrende Schüler waren früher nicht so selten; durch Luft und Wasser kamen sie angefahren; im ersteren Falle war Sturmwind zu fürchten, in letzterem gab es große Wassergüsse.
Quelle: Im Sagenwald, Neue Sagen aus Vorarlberg, Richard Beitl, 1953, Nr. 174, S. 109f