563. Um seidene Schuhbändel
Einmal übernachtete ein Mann in einer Alpe, als eine schöne Sennin in die Hütte kam und ihm Schuhbändel aufnötigen wollte. Er nahm sie aber nicht und die Sennin verschwand. Der Pfarrer, dem er die Begegnung erzählte, riet ihm im nächsten Herbst am gleichen Tag wieder in der Dieja zu bleiben. Er tat so und die Sennin kam wieder. Diesmal nahm er ihr die Schuhbändel ab. Die habe sie von ihm bekommen, erzählte sie. Er sei ein hübscher Bursch gewesen und habe zu ihr gesagt: „Tu mir nur recht sennen, ich gib dir dann im Herbst seidene Schuhbändel." Deshalb habe sie an den Tagen, da die Bauern abends zum Pfächten kamen, seine Kühe in der Frühe nicht gemolken. Auf diese Art härten sie dann, wenn die Milch gewogen wurde, mehr als alle anderen Kühe gehabt und darnach sei das Molken verrechnet worden. So habe sie aus Hoffart argen Betrug verübt und für diese Sünde geisten müssen, bis er sie jetzt erlöst habe. Nach diesen Worten dankte sie und verschwand.
Quelle: Im Sagenwald, Neue Sagen aus Vorarlberg, Richard Beitl, 1953, Nr. 563, S. 298