533. Das schwarze Rind
Auf dem Außergweil haben einmal der groß Düngler und des Büschlis Hannesle miteinander das Vieh gehütet. Das Hannesle ist Kleinhirt gewesen. Jetzt einmal an einem Abend ist das Hannesle gar lang nicht an den Stafel gekommen. Wie es anfangen gekommen ist, ist es schon ziemlich lang Nacht gewesen. Der Großhirt fragt ihn, wo es so lang geblieben sei. Das Hannesle aber hat nichts gesagt, ist stuchenbleich gewesen und geschwind zu seinen Rindern. Wie darnach der Großhirt mit den Kühen gekommen ist, sagt das Hannesle: „Ei, lueg jetzt auch, ob mir keine Rinder fehlen!" Der Großhirt steht auf einen Stein hinauf und zählt. Wie er fertig ist, sagt er: „Na, es sind, glaub ich, all; warum fragst du?" Da sagt das Hannesle: „Gestern am Abend spät, wie ich die Rinder schon beieinand gehabt habe, lueg ich grad so auf einen Schrofen hinauf und seh hoch droben, zu oberst am Felsen, ein schwarzes Rind stehen. Jesas Mareia, du erfallst, hab ich gedacht und bin hinter dem Schrofen hinaufgeklettert und hab es wollen herunterholen. Wie ich aber auf den Schrofen hinaufkomm, sehe ich das Rind wieder ober mir droben auf einem anderen Schrofen und habe gedacht: Dich bekomme ich heute nicht mehr; wenn du mir nur nicht erfallst! Und bin heim."
Auf das sagt der Großhirt: „Hannesle, wenn du das Rind so am Abend spät wieder siehst auf einem Schrofen droben stehen, so laß es nur gehen, das erfallt nicht."
Quelle: Im Sagenwald, Neue Sagen aus Vorarlberg, Richard Beitl, 1953, Nr. 533, S. 286