336. Sankt Anton zu Runggelin
Schlimms hinein bei Bludenz liegt anlegen aufhin das Ausörtlein Runggelin. Man sieht mit Lieb keine Häuser vor lauter Bäumen. Underselten gückelt ein Dachfirst heraus zwischen dem unends Wust. Aber das soll schön sein, meinen die Fremden; ich kenn's eben zu lützel. Am besten sieht man halt das Kirchlein damitten im Dörflein. Der Molathisatonelesbub hat drin die altfränkischen Altäre wieder ordentlich hergerichtet und vergoldet. Es habe zwar einen Schlapp Geld gekostet, aber der heilige Antoni hat bisher gehörig auf die Runggeliner geschaut und drum ist das Geld nicht verböhnelet.
Wenn zu Runggelin einmal eine Brunst auskam, behüt uns Gott! Da täten die alten Wändlahütten von zu unterst bis zu oberst grad im Hui aufflacken wie Zundel. Vor einem solchen Angericht hat bisher der heilig Antoni die Runggeliner gottlob bewahrt und das ist wohl ein scheinbarliches Wunder; es ist nicht zum glauben, wie liederlich man etwa einmal zu Runggelin umgeht mit Feuer und Licht.
Auf der Männerseite im Kirchle steht ein großes, feingeschnetzeltes Bild vom Antoni und da dran hat man eigentlich den Glauben. Das nämliche Bild hat schon früher einmal den Kapuzinern ein bißchen gewässerlet und mit dem Pfarrer sind sie schon so gut wie eins gewesen. Man hat eben wollen den Runggelinern ihren großen Antoni austauschen mit einem gotzigen Tonele, das jetzt noch bei den Kapuzinern drin im Gang steht.
An einem schönen Morgen gehen ihrer vier Kapuzinerbrüder mit einer Bahre gen Runggelin und laden das Bild mit dem Kindle und llgen ordentlich auf. Ziemlich verdrüssig haben die Runggeliner der Arbeit zugeschaut und hätten den Tausch lieber ins Berlenzle hinaufgewünscht. Aber die Brüder geben dem Unwert keine Achtung und schlurggen mit ihrem Trag ordentlich durchs Dörflein abhin. Das alles läßt sich der heilig Antoni gefallen, aber beim Gmeinenstall drunten hat es ihm patsch verleidet; er macht sich einermal so schwer, daß es die vier Träger bereits an den Boden druckt. Die Brüder sträflen und bieschten entsetzlich und meinen, es könne nicht möglich sein; aber wie ich sag, sie bringen ihre Bahre keinen Zoll mehr fürhin.
Jetzt dötterlet's ihnen anfangen und sie verwundern sich ab dem Mirakel. Gnotenweg ranken die Brüder um, und lueg, aufhin durchs Dörfle ist der Antoni wieder hupfaleicht.
Der heilig Antoni hat umsoweit die Runggeliner gern, aber er will auch ein bißchen geästimiert sein. Einmal an einem Antoniustag haben etliche Runggeliner mir nichts dir nichts gewerket und geheuet. Da hat es aber ein übernatürliches Hagelwetter gegeben, grad zum entsetzen. Ganze Büschen und Troler sind durch das Dörfle abhergekommen und das Wasser ist in die Häuser und Ställe hineingeronnen. Alle Hausehren, die eben gefeiert haben, sind mit dem bloßen Schrecken davongekommen, aber die anderen haben stückweise ein raßes Angericht gehabt. Meine Mama ist dazumalen ein kleineres Madie gewesen und habe mit den ändern Gogen in den Löchern Verstecken gespielt, die das Wasser in die Straße gerissen hat.
Quelle: Im Sagenwald, Neue Sagen aus Vorarlberg, Richard Beitl, 1953, Nr. 336, S. 195f