171. Das versunkene Kloster
Es muß schon sehr lange her sein, daß in der Schuttana, einer Emser Alpe, ein Kloster stand, denn niemand kann mehr sagen, was es für ein Orden war. Es ist auch nicht schade darum, denn in diesen Klostermauern ging es nicht gar fromm zu. Gottes Strafgericht ließ das ganze Kloster samt den Bewohnern in die Erde versinken. Wo einst das Klostergebäude sich erhoben, geht man heute über unwüchsigen Sumpfboden, auf dem kein rechter Grashalm mehr gedeiht und kein Stück Vieh mehr weiden mag. Nur einige verkümmerte Föhren fristen ihr Leben. Danach heißt auch der Platz Fohramoos. Zu nächtlicher Weile geht es dort unheimlich her. Manchmal hörten die Hirten und Sennen der Alpe das Nachtvolk mit grausigem Heulen dem Fohramoos zu fahren und dann plötzlich verstummen. Wenn aber einer in dunkler Nacht an dem wilden Boden vorbeigeht, kann ihm geschehen, was mehr als einer schon erlebt hat, nämlich, daß ihm ein Geißbock begegnet. Das sei ein Mönch, der dort in solcher Gestalt herumläuft zur Strafe für sein liederliches Leben.
Quelle: Im Sagenwald, Neue Sagen aus Vorarlberg, Richard Beitl, 1953, Nr. 171, S. 108f