122. Der Wucherer
Herr Rh. hat auf einer Versteigerung beim Tostner Pfarrer, wie er gestorben, einige hundert Heftle vom Pfarrer Kneist gekauft und er schickte seinen Buben, sie zu verhausieren. Wie er in Lustenau war, blieb der Bub im Gasthof über Nacht. Im Zimmer fing es auf einmal an stöhnen, herumgehen, den Stiefelknecht herumwerfen und poltern und der Bub ist fast gestorben vor Angst. Er erzählte es seinem Vater und der sagte, er möchte das auch hören und beide schliefen wieder in diesem Zimmer. Als sich etwas regte, fing der Vater zu fluchen an und zu schimpfen. Da sei es noch ärger angegangen und in der Früh seien sie geschwollen an den Köpfen gewesen. Ich fragte gerade gestern eine Lustenauerin, die jetzt meine Hausfrau ist, die sagte: „Dort tut es eben." — Da sei man sehr reich gewesen, das Geld habe man in Säcken gehabt. Mit der Stickerei habe man gewuchert und den Stickern fast nichts bezahlt und immer abgezogen. Dann sei der Besitzer gestorben, etwa vor achtzehn Jahren und die Kinder von ihm haben mit dem Geld kein Glück gehabt; es sei ihnen immer schlecht gegangen, so daß sie jetzt im eigenen Haus im Quartier seien und arm, und ihn höre man in dem Zimmer, wo er geschrieben und gerechnet habe und den Stickern und Ferggern den Lohn abgestritten habe.
Quelle: Im Sagenwald, Neue Sagen aus Vorarlberg, Richard Beitl, 1953, Nr. 122, S. 86