DER HAUSPUTZ UND DER SCHUSTER
Da wurde einmal ein Schuster von einem Bauern für acht Tage auf die Stör gedungen. Am ersten Abend seines Einstandes sagte der Schuster: "ich lege mich diese Nacht nicht ins Bett, sondern bleibe auf der Bank beim warmen Ofen!' Der Bauer wollte ihm das aus, reden und sagte, auf diese Ofenbank komme allnächtlich der Hausbutz zum Schlafen. Der Schuster aber legte sich dennoch auf der Ofenbank zur Ruhe. Um Mitternacht kam wirklich der Hausbutz, weckte den Schuster gar unsanft und wollte ihn von der Bank herunterzerren. Der aber setzte sich wacker zur Wehr und behauptete mit Gewalt seine erwählte Schlafstätte. Ganz so ging es die nächsten Abende. Als aber die Störzeit um war und der Schuster bei sinkender Nacht das Haus verließ, da packte ihn vor der Haustür schon der Butz und schnarrte: "Jetzt bin ich Meister", und lief auf und davon. Da wußte der Schuster auf einmal nicht mehr, wie ihm geschah; es trieb und drängte ihn, daß er unwillkürlich dem Butz nachspringen mußte. Der Butz lief über Stock und Stein und wie eine Gams den steilen Berg hinauf. Der Schuster keuchte nach, die Fußsohlen wurden ihm wund, und er jammerte kläglich. Aber je mehr er winselte, desto schneller lief der Butz vor ihm her und desto schneller mußte er ihm nach. Als sie zu oberst auf dem Berge ankamen, da hatte der arme Schuster auf dem rauhen Weg seine Füße bis auf die Knöchel abgenützt, und zu guter Letzt hängte ihn noch der Butz an seinen verstümmelten Füßen auf dem Berg an einen Tannenbaum und ließ ihn da zappeln, bis er elend den Tod fand.
Quelle: Die Sagen Vorarlbergs. Mit Beiträgen
aus Liechtenstein, Franz Josef Vonbun, Nr. 118, Seite 110