Die feurige Hand der armen Seele
Auf dem Bauerngut Halde, wo jetzt die Nachkommen des Leonhard Beer wohnen, soll sich einst folgendes zugetragen haben. Es erschien dort jede Nacht einem dort Wohnenden eine Gestalt, und er wußte keinen ändern Rat, als zum Pfarrer zu gehen und diesem seine Not zu klagen. Der Pfarrer riet ihm, die Gestalt, wenn sie wieder erscheine, zu fragen, was es mit ihr sei. Die nächste Nacht hatte er wieder dasselbe Erlebnis und fragte nun die Gestalt, was es mit ihr sei. Sie gab ihm zur Antwort, sie sei eine arme Seele und er könne sie erlösen, wenn er abends beim Ave-Maria-Läuten hier wegreite und einen Brief nach Feldkirch bringe, aber beim Aveläu-ten am Morgen müsse er wieder hier sein. Er werde in Dornbirn ein Roß an einem Zaun angebunden finden; auf diesem solle er weiterreiten und das andere zurücklassen. Der Mann unternahm den Ritt. Am nächsten Morgen beim Aveläuten war er wieder daheim. Der Pfarrer sagte zu ihm, wenn die Gestalt ihm wieder erscheine, solle er ein dazu hergerichtetes Brett zur Hand nehmen und der Gestalt nicht die Hand geben. Die Seele erschien ihm nachts wieder, um ihm für die Erlösung zu danken. Der Mann bot ihr das Brett. Die Gestalt erfaßte es, und man sah alle fünf Finger in das Brett eingedrückt. Das Brettchen soll in der Schweiz in einem Kloster aufbewahrt sein.
Quelle: Franz Xaver Wölfle, Sagen von Bizau, in: Montfort I (1946), S.289, zit. nach Sagen aus Vorarlberg, Hrsg. Leander Petzoldt, München 1994, S. 57f