DER PFARRER

Südlich von Bezau rinnt der Gräbenbach vorbei. Sein linkes Ufer heißt das "Überi", da ist es zur Nachtzeit nicht immer ganz geheuer. Da begegnet man zuweilen einem Mann in schwarzem Talar, mit einem großen Schlapphut auf dem Kopf und einem Brevier unter dem Arm. Das soll der ehemalige Pfarrer des Dorfes sein, der geisten muß, weil er mehr Geld für Messen annahm, als er lesen konnte. Im Überi muß er erscheinen, weil er dort gewöhnlich seinen Spaziergang gemacht hat. Bisher soll es keiner gewagt haben, ihn anzureden. Seit ein paar Jahren hört man aber nichts mehr von der Sache. Der Pfarrer hat wohl seine Strafe abgebüßt und ist erlöst.


Quelle: Die Sagen Vorarlbergs. Mit Beiträgen aus Liechtenstein, Franz Josef Vonbun, Nr. 16, Seite 61