Das Teufelsbündnis
Vor etwa zweihundert Jahren wohnte in einem Hause in Bizau ein Mann, von dem man erzählte, daß er mit dem Teufel im Bunde sei. Er hatte ein Büchlein, in dem die Beschwörungsformeln standen, auf die der Teufel zu seinen Diensten erschien. - Eines Tages, als der Mann in der Kirche war, kam das Büchlein seinen Kindern, die zu Hause geblieben waren, in die Hände und sie lasen darin. Als der Vater dann nach Hause kam, fand er die ganze Stube voll von Teufeln, und um sie zu vertreiben, mußte er alles das, was seine Kinder gelesen hatten, wieder rückwärts lesen. Inzwischen mußte er die Gesellschaft beschäftigen, sonst wären sie ihm selbst an den Leib gerückt. Da schüttete er einen Vierling Leinsamen in einen Holzstoß und befahl den Teufeln, die Körnlein wieder zusammenzulesen. Sie waren damit schneller fertig als er mit dem Rückwärtslesen, und so gab er noch ein Körnlein in das Weihwasserkrüglein. Das konnten die Teufel nicht herausnehmen; der Mann wurde mit seinem Lesen fertig, und die üble Gesellschaft mußte abziehen.
In dem gleichen Hause gab es Nachtstubeten, wo sich viele Bekannte nächtlicherweise trafen. Einst fragte der Hausherr seine Gäste, was sie wohl jetzt am liebsten essen möchten. Sie sagten ihm ihre verschiedenen Wünsche, und ein ganz Schlauer wünschte sich einen Teller voll reifer Kirschen; denn es war mitten im Winter. Der Gastgeber aber war nicht verlegen, öffnete ein Fenster und rief hinaus: „Wie schnell bist du?“ Als Antwort bekam er: „So schnell wie der Wind.“ „Du bist mir zu langsam“, sagte er und stellte dieselbe Frage zum zweitenmal. Und es kam die Antwort: „So schnell, wie die Kugel aus dem Gewehr.“ „Auch du bist mir zu langsam“, sagte der Hauswirt und wiederum fragte er: „Wie schnell bist du?“ Und diesmal gab ihm jemand draußen die Antwort: „So schnell wie der Gedanke eines Menschen.“ Damit war der Mann endlich zufrieden und befahl einen Teller voll reifer Kirschen zu bringen. In demselben Augenblick hob er in der Hand einen Teller voll von schönen, roten Kirschen herein und bot sie seinen Gästen an. Diese aber hatte das Grauen gepackt, und sie wagten nichts anzurühren, obwohl der Gastgeber sie wiederholt dazu aufmunterte und ihnen sagte, die Kirschen kämen aus einem Lande, wo sie eben jetzt reif wären.
Quelle: Franz Xaver Wölfle, Sagen von Bizau, in: Montfort I (1946), S.293f, zit. nach Sagen aus Vorarlberg, Hrsg. Leander Petzoldt, München 1994, S. 68f