DER GRAUMANN

Freundlich und zutunlich erwies sich ein Butz in einem Hause auf der Krista bei Tschagguns. Der Butz war ganz grau und wüst zum Anschauen, aber den Kindern besonders freund. Wenn sie hinter dem Ofen oder am Tisch oder auf Wiese und Feld spielten, so kam er allemal zu ihnen und spielte mit zur größten Freude der Kleinen, die den Graumann ganz gut leiden mochten. Nun geschah es, daß die Hauseigentümer auf der Krista ihr Anwesen verkauften und ins Grüt beim Nachbardorf Schruns ziehen wollten. Da ward der graue Butz auf einmal schwermütig und nachdenklich, und als ihn die Hausfrau zur Rede stellte, so seufzte er: "Ach, ihr zieht aus und ich darf nicht mitziehen." Ja, freilich darfst du mitziehn", sagte drauf die Hausfrau. Da hüpfte der Butz vor Freude und rief:


"Jetz nümm i mi Hüder und Gmüder
Und züch sell mit hinüber!"

Und als die Familie mit ihrer Fahrnis im Grüt ankam, so schaute der Butz schon zum Dachgiebel heraus und jauchzte, daß es eine Freude war. Nicht lange darnach, als die Leute von der Krista das neue Haus im Grüt bezogen hatten, starb ihnen ein Kind und nach diesem Todfall ward der graue Butz auf einmal schneeweiß und verschwand für immer.


Quelle: Die Sagen Vorarlbergs. Mit Beiträgen aus Liechtenstein, Franz Josef Vonbun, Nr. 164, Seite 134