Die zwei Hündle
Ganz alte Leute kennen noch die Sage von den „zwei Hündle“. Sie erzählen: „In früherer Zeit hielt sich in der Nähe der Lorettokapelle eine alte Hexe auf. Diese wollte an einem heißen Sommertag ein fürchterliches Donnerwetter heraufbeschwören. Mit ihren Teufelskünsten, bei denen eine schwarze Katze mit im Spiele war, gelang ihr der Zauber. Aus dem „Bernecker Loch“ stieg ein schreckliches Unwetter auf. Vom Wind getrieben, ballten sich die schwarzen Wolken unheildrohend über unserem Dorf zusammen, so daß man glaubte, der Himmel stürze ein. Schon fuhren die ersten Blitze mit gewaltigem
Donner auf die Erde nieder, und gegen den Schweizerberg hin zeigte sich am Himmel ein schwefelgelber Streifen. Dieser kündete den nahenden Hagel an, der die Ernte zu vernichten drohte. Die Leute fürchteten sich sehr und in vielen Häusern suchten die Mütter die dürren Palmzweige hervor, um sie unter lautem Beten zum Schutz gegen das Unwetter zu verbrennen. Inmitten dieser großen Wetternot fingen die zwei kleinen Glöcklein in der Lorettokapelle wie durch ein Wunder von selber an zu läuten. Hierauf verzog sich das Gewitter, ohne Schaden angerichtet zu haben, sehr rasch, und bald schien die Sonne wieder vom blauen Himmel auf die mit reicher Frucht gesegneten Felder.
Die alte Hexe aber sagte verdrossen: „Die zwei Hündle“ — sie meinte damit die zwei kleinen Glocken — „haben mir zu früh gebellt.“
Der Grund dieser Sage dürfte wohl im „Wetterläuten“, das bis zum Jahre 1935 bei uns Brauch war, zu suchen sein. Tatsächlich überkam die Menschen ein Gefühl der Erleichterung und des Geborgenseins, wenn der Mesner bei schweren Gewittern zu jeder Tag- und Nachtzeit „dom Weättr g'lüt heät“; dafür hob er alljährlich im Herbst ein kleines Entgelt ein, das früher in einer Garbe bestand. Später kassierte der Mesner in jedem Haus 20 Heller ein.
Quelle: Brauchtum, Sagen und Chronik, Hannes Grabher, Lustenau 1956, S. 31f