DER ROTE STEIN ZU RANKWEIL

An die Pfarrkirche auf dem Frauenberge zu Rankweil ist auf der Nordseite eine kleine Kapelle angebaut, die Fridolinskapelle. Darin sieht man ein großes rötliches Quarzstück mit zwei Vertiefungen, in die mancher andächtige Pilger seine Knie senkt. Von diesem eigentümlichen Betstuhle geht die Sage: Als Fridolin von dem Gerichte zu Müsinen in Sachen der Ursischen Güter den Bescheid erhalten hatte, die Wahrheit der Schenkung durch Zeugen zu erhärten, so verließ er die Malstatt und ging in den Wald ober Rankweil, wo er sich auf einen Stein niederwarf, um im Gebete Trost für sein beklommenes Herz zu suchen. Auf einmal war es dem Betenden, als spräche zu ihm eine Stimme aus goldumsäumter Wolke: "Ziehe gen Glarus und rufe den Toten Urso, daß er zeuge gegen Landolf." Die überirdische Erscheinung verschwand, und der Stein, auf dem der Betende kniete, ward weich wie Wachs, daß tief seine Knie einsanken. Fridolin erhob sich und zog gläubig nach Glarus, wo auf seinen Ruf der Tote erstand. Der Stein nahm zwar seine natürliche Härte und Sprödigkeit wieder an, ließ aber d ie deutlichen Spuren der eingesunkenen Knie zurück und wurde von den Händen frommer Christen in die Kapelle gebracht, in der er heutigentags noch liegt.


Quelle: Die Sagen Vorarlbergs. Mit Beiträgen aus Liechtenstein, Franz Josef Vonbun, Nr. 83, Seite 93