DER DREIZEHNTE
Es waren einmal an einem Winterabend ihrer zwölf in einem einsamen und verrufenen Haus hoch ob der Kirche zu Laterns im Heimgarten. Dabei ging es wohl lustig und laut, aber nicht ehrbar und sittsam her. Erst nach Mitternacht schickten sie sich an, nach Hause zu gehen, und weil es eine schöne Mondscheinnacht und der Schnee hart gefroren war, so kamen sie überein, auf einem Schlitten munter heimzufahren. Die Kirche sollte ihnen als Merkzeichen gelten, wo stillzuhalten wäre. Sie stiegen auf den Schlitten, einer nach dem andern, und als der Zwölfte droben saß, gewahrten sie noch einen, einen Dreizehnten, den sie nicht kannten, neben dem Schlitten stehen und sie riefen ihm zu: "Sitz auch auf!" Der Unbekannte aber entgegnete: "Es sind schon euer zwölf, es ist genug geladen, fahrt zu!" Sie fuhren ab und der Schlitten glitt schnell wie die Kugel aus dem Rohr den Berghang hinab. Von der Kirche, die sie im Auge behalten wollten, sahen sie aber keine Spur. So fuhren sie über den Kirchweg aus und stürzten über einen Schrofen hinunter in das Frutztobel, daß sich alle zwölfe Hals und Bein brachen. Seit dieser Zeit heißt der Schrofen der Fluchschrofen. Der unbekannte Dreizehnte war der Jomer, der Teufel.
Quelle: Die Sagen Vorarlbergs. Mit Beiträgen
aus Liechtenstein, Franz Josef Vonbun, Nr. 81, Seite 92