DIE MUSIK UND DAS WEIB

Einmal ist ein Weib in einer mondhellen Nacht vor dem Haus gestanden und hat zum Zeitvertreib in die Welt hinausgeschaut. Auf einmal hört sie aus der Weite so eine liebliche Musik, wie sie ihrer Lebtag noch keine gehört hat grad als täten Engel aufspielen. Sie geht, um die Musik besser zu hören, vom Haus weg und drauf noch ein Stücklein weiter, und je länger, je weiter sie kommt, um so lieblicher tönt es, und zuletzt kann mein Weib gar nicht mehr stehen bleiben und geht und geht und kommt vor lauter Losen und Losenbis an das Grattobel. Dort sieht sie das Nachtvolk wie in einem Kreuzgang durchs Tobel herunterfahren und vielprächtig musizieren, daß dem närrischen Weib wird, als könnte sie nicht mehr genug losen; aber auf einmal heben die schwarzen Musikanten ein teifelmäßiges Geschrei an, daß es dem Weib durch Mark und Bein geht und es stuchenbleich heimspringt und im Haus noch über den Türschweller hineintrolet. Seither ist das Weib nie mehr recht gesund und handlich gewesen, und das Geschrei hat ihm bis in den Tod in den Ohren getoset.


Quelle: Die Sagen Vorarlbergs. Mit Beiträgen aus Liechtenstein, Franz Josef Vonbun, Nr. 132, Seite 117