DIE VERSCHMAUSUNG DER KUH

Einmal stellte das Nachtvolk auf dem vorderen Boden im Kleinen Walsertal am hellen Tag, an einem Apostel- oder Marienfest, unter der Messe einen prächtigen Schmaus an. Es nahm die schönste Kuh aus dem Stall, machte sich viel Geschäft, sie zu schlachten, zu sieden, zu braten und verzehrte sie unter Tanzen und Springen, Singen und Jauchzen und unter dem lustigsten Trommel- und Saitenspiel. Das Nachtvolk gab auch den Kindern des Hauses gar niedlich zu essen, verbot ihnen aber, einen Knochen zu zernagen oder zu verlieren. Endlich suchte das Nachtvolk die Knochen sorgsam zusammen, konnte aber bei allem Fleiß einen nicht mehr finden. Dann wickelte es die Knochen in die Haut und sagte, es müsse die Kuh gleichwohl hinken lassen. So war es denn auch wirklich. Die Kuh stand im Stall, so brauchbar als zuvor, nur den einen Fuß zog sie ein bißchen nach.


Quelle: Die Sagen Vorarlbergs. Mit Beiträgen aus Liechtenstein, Franz Josef Vonbun, Nr. 144, Seite 123