DER PFIFER
(Aus Dr. F. J. Vonbuns Sagen, nach Dr. Spiegels Aufzeichnung)

An einsamen Orten stehen oft „Bildstöckle" und bezeichnen die Stelle, wo ein Mensch von ruchloser Hand gemordet worden. Da ist es manchmal nachts nicht geheuer, denn der gerechte Gott verurteilte den Mörder, auf dem Schauplatze seiner Untat zur eigenen Qual und zum abschreckenden Beispiele für jedermann, nach dem Tode zu geistern. An einer Grenzmarke Dornbirns stand früher ein Wäldchen und in demselben ein solches Bildstöckchen. Ging man um Mitternacht dort vorüber, so vernahm man auf eine lange Strecke ein durchdringendes Pfeifen, bald ferne, bald unmittelbar vor den Ohren gellend, jetzt links, dann rechts, nun aus den Lüften kommend, hierauf wieder im Rücken ertönend. Auch der Beherzteste wurde dadurch in Furcht gesetzt. Das Volk nennt darum diesen Geist den „Pfifer", und er haust schon seit undenklichen Zeiten an jenem Bildstöcklein.


Quelle: Walter Weinzierl, Sagen aus Dornbirn, Dornbirn 1968, S. 36