DAS "WAMPERTE KREUZ"
Die Gegend zwischen Breitenlee und Raasdorf war vor hundert Jahren noch eine Gegend in der sich Fuchs und Hase Gute Nacht sagten. 12 Kilometer vom Zentrum der alten Reichshauptstadt entfernt sehen wir dort heute die Kreuzung Telephonweg/Breitenleerstraße, einen Autobus-Umkehrplatz und inmitten der Kehre einen wuchtigen Steinpfeiler, dessen angedeutete Tabernakelöffnung nach Osten schaut. Auf alten Karten wird es als Weißes Kreuz bezeichnet, im Volksmund wird es auch Dickes Kreuz oder Wampertes Kreuz genannt.
Das "Wamperte Kreuz"
© Harald Hartmann
Die MA 7, das Kulturreferat der Stadt Wien, trug dieses Denkmal, das als eines der bemerkenswertesten und ältesten Bildstöcke der Stadt gilt, 2009 ab und ließ es renovieren. 2011 wurde es genau am ursprünglichen Standort und der richtigen Ausrichtung wieder aufgestellt und im Kulturgutkataster der Gemeinde unter dem Namen "Wampertes Kreuz" eingetragen.
Das weisse Kreuz/Wamperte Kreuz in einer Wien Karte aus dem Jahr 1874
Keine Dokumente oder alte Schriften geben Auskunft über den Grund der Errichtung. Forscher meinen, es könnte ein Sühnezeichen, ein "Marterl", ein Orientierungszeichen in der weiten Ebene oder die Erinnerung an einen Unfall an dieser Stelle sein. Nur die Erinnerung des Volksmundes erzählt die Geschichte eines Ritters aus dem Marchfeld, der sich einst zur Teilnahme an einem Kreuzzug verpflichtete. Dieser Ritter liebte seine Frau über Alles. Als er nach Osten aufbrach, schwor er, falls er gesund wieder heimkehren sollte, würde er dort eine Gedenkstätte zu errichten, wo er seine Frau wieder trifft.
Das "Wamperte Kreuz"
© Harald Hartmann
Die Jahre zogen ins Land und der Edelmann wurde für tot gehalten. Nach langer Zeit erst kam er wieder zurück in die Heimat. Auf einem Acker sah er von Weitem bereits seine Frau. Voll Freude eilte er ihr entgegen. Wie groß war seine Enttäuschung als er sehen musste dass sie ihm offensichtlich untreu geworden war. Er zerrte sein Weib in sein Haus, und ließ keine Erklärung oder Entschuldigung gelten. Er sperrte die ein, und verwirklichte seinen Schwur, einen Bildstock zu errichten auf grausame Weise. Er mauerte seine schwangere Frau bei lebendigem Leibe darin ein. Da sie bereits recht dick war, bekam der Bildstock auch sein unförmiges Aussehen.
Vorübergehende pflegten noch lange Zeit danach zu sagen: "Es ist ein Kreuz auf der Welt, dass oft etwas, das mit dem Herzen beginnt, mit einem Bauch endet, aber nur, wenn einer ein Herz aus Stein hat, kann ein wampertes Kreuz daraus erstehen."
Ein kleiner Nachsatz sei noch gestattet: Bei der Renovierung 2009-2011 konnte keinerlei Hinweis gefunden werden, dass in diesen Bildstock jemals ein Lebewesen eingemauert wurde.
Quelle: zusammengeführte Erzählungen mehrerer Passanten an der Autobushaltestelle 2009-2011.
E-Mail-Zusendung Harald Hartmann, 12. Februar 2012.