Christoph von Zedlitz vor Sultan Soliman
Der schlesische Edelmann, Junker Christoph von Zedlitz (Zetlitz), war zur Zeit der ersten Belagerung Wiens durch die Türken 1529 Cornet im Hardeggschen Reiterregiment, und gehörte zu den Verteidigern der Stadt. Er war ein schöner, wohlbeleibter Mann von kühnem Wesen, und ein Meister in allen ritterlichen Übungen. Am Morgen des 23. September 1529, als sein Regiment bei einem Ausfall einen harten Kampf zu bestehen gehabt hatte, wanderte Zedlitz, nachdem er bei der Rückkehr die Fahne dem unter ihm stehenden Fahnenträger Wilhelm Oberbeck übergeben hatte, zu seiner Erholung in einen außerhalb der Stadt gelegenen Weinberg. Unglücklicherweise hatten mehrere Türken, in Hoffnung Beute zu machen, sich auch dahin geschlichen, und drei Muselmänner fielen plötzlich über ihn her. Mutig schlägt er sich mit ihnen herum und hat bereits zwei Feinde zu Boden gestreckt, als andere hinzukamen, und er trotz seiner Tapferkeit, da einige ihn von hinten angriffen, übermannt, und in voller Rüstung zum Sultan Soliman in das türkische Lager gebracht wird.
Der Sultan richtete verschiedene Fragen an ihn, die Zedlitz kühn und unerschrocken beantwortete. Soliman fand daran Gefallen und teilte seinem Wesir Ibrahim Bassa, den Wunsch mit, er möchte wohl die Stärke des deutschen Ritters im Kampfe mit einem wohlgerüsteten Türken sehen. Zedlitz, obwohl vom Schwertführen erschöpft, nahm die Aufforderung doch an, und mehrere der tapfersten Muselmänner drängten sich heran, den Kampf mit dem stolzen Deutschen zu bestehen. Zedlitz wurde auf ein Maultier gesetzt, während sein Gegner auf einem herrlichen Araber ihm entgegensprengte. Trotzdem besiegte er nicht nur diesen, sondern auch mehrere andere, die sich mit ihm messen wollten.
Der Sultan befahl den Umstehenden, ihm den Harnisch zu öffnen; da
aber dieses niemand vermochte, so erbat sich Zedlitz Sicherheit für
sein Leben und zeigte nun zwei Schrauben, welche den Harnisch festhielten.
Die Türken konnten nicht begreifen, daß er sich in dieser schweren
Rüstung sollte bewegen können. Zedlitz legte sich auf die Erde,
sprang im ganzen Harnisch rückwärts frei in den Sattel, sprengte
sein Roß mit großer Geschicklichkeit umher, schleuderte einen
Wurfpfeil hoch in die Luft, und fing ihn wieder in vollem Rosseslauf auf.
Er fand Gnade vor den Augen des Großherrn, durfte frei im Lager
herumgehen, der Großwesir beschenkte ihn mit einem samtnen Kleide
und ließ ihm von seiner Tafel täglich Speisen und Getränke
bringen.
Soliman staunte über des deutschen Ritters Kraft, er hatte ihn lieb
gewonnen und bot ihm eine hohen Ehrenstelle an, wenn er Kriegsdienste
bei ihm nehmen wollte. Zedlitz aber antwortete:
"Ich bin ein Christenmann und will als ein Feind aller Christenfeinde sterben." Der Sultan war keineswegs erzürnt über diese freimütige Antwort, sondern verehrte ihm zwei kostbare Kleider von Goldstoff, zu denen der Wesir noch eine schwere goldene Kette fügte; und somit wurde er frei aus dem türkischen Lager nach Wien entlassen.
Die Erzählung, was sich im türkischen Lager mit ihm zugetragen, erregte in Wien allgemeines Erstaunen, und aus jedem Munde erschallten Lobpreisungen des jungen Helden. Eben dieser Ruhm hatte aber einige Mißgünstige wider ihn aufgereizt, daß sie ihm heimlich Gift beibrachten, von welchem er ganz abzehrte und nach kurzer Zeit starb.
Quelle: Realis (= Gerhard Cockelberghe-Duetzele), Geschichten,
Sagen und Merkwürdigkeiten aus Wiens Vorzeit, Wien 1846, S. 422 f.