Namenlos und Unbekannt -
Der Friedhof der Namenlosen
© Harald Hartmann
Friedhof der Namenlosen
© Harald
Hartmann, September 2005
Dort. wo die Donau Wien an der Grenze zu Schwechat verlässt, liegt
versteckt hinter den Hafenanlagen des Alberner Hafens der Friedhof der
Namenlosen. Hier, am Stromkilometer 1918, bildete die Donau eine Verwirbelung,
sodass gerade hier fast alle Wiener Wasserleichen ans Ufer gespült
wurden. Im Jahre 1948 wurde an dieser Stelle ein Friedhof angelegt. Bis
1900 fanden 478 Unglückliche ihre letzte Ruhe. Ihre Namen kannte
niemand mehr und ihre sterblichen Überreste waren oft bis zur Unkenntlichkeit
entstellt. Mit den damaligen Mitteln der forensischen Medizin war eine
Identifikation nicht mehr möglich. So wurden sie hier ohne großen
Aufwand begraben.
Der Friedhof wurde durch Hochwässer immer wieder zerstört oder verunstaltet. So entschloss man sich einen neuen Friedhof auf der anderen Seite des Dammes zu errichten:
Friedhof der Namenlosen
© Harald
Hartmann, September 2005
1900 fand das erste Begräbnis auf dem neuen Friedhof statt. 1935
wurde eine Kapelle und die Umfassungsmauer errichtet. Auf dem neuen Friedhof
wurden 104 Wasserleichen bestattet, davon 61 namenlose. "Unbekannt"
steht auf den schlichten Kreuzen oder "Namenlos":
Friedhof der Namenlosen
© Harald
Hartmann, September 2005
Friedhof der Namenlosen
© Harald
Hartmann, September 2005
Nur einige wenige Gräber geben Auskunft über die Todesursache.
Etwa "Fahrradunglück" oder "Beim Bau des Hafens"
oder auch "Ertrunken durch fremde Hand":
Friedhof der Namenlosen
© Harald
Hartmann, September 2005
Die großen Getreidespeicher, die heute das Bild des Alberner Hafens
prägen, wurden 1939 erbaut und dadurch auch der Wasserwirbel beseitigt,
der immer wieder für "Nachschub" sorgte. 1940 fand die
letzte Beerdigung auf dem Friedhof der Namenlosen statt.
Getreidespeicher des Alberner Hafens
aus dem Jahr 1939
© Harald
Hartmann, September 2005
Der Friedhof drohte zu verkommen, aber der ehrenamtliche Totengräber
Josef Fuchs pflegte ihn bis zu seinem Tod 1996. Er wurde mit dem großen
Goldenen Ehrenzeichen der Stadt Wien ausgezeichnet. Er organisierte die
gusseisernen Kreuze, welche die Gräber heute schmücken und gab
dem Friedhof sein heutiges Aussehen.
Friedhof der Namenlosen
© Harald
Hartmann, September 2005
Heute wird der Friedhof der Namenlosen von der Alberner Hafengesellschaft
und der Gemeinde Wien erhalten. Er ist ein Platz der Ruhe und Besinnung.
Da er so abgelegen ist, kommt man nicht "vorbei", man muss "hinfahren",
den Damm überqueren und ist dann alleine mit den Namenlosen. Unweigerlich
kommen einem so manche Gedanken, die man in der Hektik des Alltages vergisst
..
Weg zum Friedhof der Namenlosen
© Harald
Hartmann, September 2005
Jeden ersten Sonntag nach Allerheiligen wird hier von den Donaufischern
ein kleines Floß in die Donau gesetzt, mit Kerzen verziert und mit
der Inschrift: "Den Opfern der Donau".
Verlässt man den Friedhof, so entdeckt man innen am Friedhofstor
dieses Gedicht:
"Tief im Schatten alter Rüstern
Starren Kreuze hier am düster
Uferrand
Aber keine Epitaphe
Sage uns wer unten schlafe
Kühl im Sand
Still ist's in den weiten Augen
Selbst die Donau ihre blaue
Wogen hemmt
Denn sie schlafen hier gemeinsam
Die, die Fluten still und einsam
Angeschwemmt
Alle die sich hier gesellen
Trieb Verzweiflung in der Welle
Kalten Schoß
Drum die Kreuze die da ragen
Wie das Kreuz das sie getragen
"Namenlos".
Gedicht v. Graf Wickenburg"
© Harald
Hartmann, September 2005
Hinweis: Der Friedhof der Namenlosen befindet sich im Eigentum der Hafen Wien GmbH. Das Betreten des Grundstücks erfolgt auf eigene Gefahr. Bitte beachten Sie die Zugangsbeschilderung über den Damm. In Ausnahmefällen kann der Zugang wegen Umschlagsarbeiten gesperrt sein. Aufnahmen (Film, Foto, Ton) sind nur zu privaten Zwecken gestattet. Für gewerbliche Zwecke benötigen Sie eine Genehmigung durch die Grundeigentümerin. |
Quelle: © Harald
Hartmann, September 2005
© www.SAGEN.at