Die neugierigen Schwestern
Zur Zeit als die Pest in Wien war, wohnten in einem Hause, nahe beim
allgemeinen Krankenhause, drei Schwestern. Diese hörten das Gerücht,
daß der Teufel in jeder Mitternacht mit den Toten des Krankenhauses
nach dem Friedhof in Währing fahre. Begierig den Teufel einmal zu
sehen, blieben sie auf und vernahmen um Mitternacht ein furchtbares Wagengerassel
und unaufhörlichen Peitschenknall. Die jüngere Schwester steckte
den Kopf zum Fenster hinaus und sah einen schwarzen Wagen, von 6 schwarzen
Rossen gezogen. Ein schwarzer Kutscher saß auf dem Bocke und knallte
heftig mit seiner langen Peitsche. Als sie nahe vorbeirollten, gab der
Teufel dem Mädchen eine solche Ohrfeige, daß sie versteinert
wurde. Den menschenähnlichen Stein hat man lange noch gesehen.
Quelle: Vernaleken, Theodor, Mythen und Bräuche
des Volkes in Österreich, Wien 1859, S. 85 f.
Siehe auch: Die Sagen und Legenden der Stadt Wien,
herausgegeben von Gustav Gugitz, Wien 1952, Nr. 24, S. 43