Die Entlarvung eines betrügerischen Mediums
Ein spiritistisches Medium nennt man eine Person, die den Verkehr mit
Geistern sehr leicht herzustellen vermag. Ein Medium von großer
Berühmtheit war der Amerikaner Bastian, der im Februar 1881 zu Wien
vor dem Erzherzog Johann, vor dem Kronprinzen Rudolf und anderen hervorragenden
Gästen spiritistische Sitzungen abhielt. Bastian befand sich in einem
zweiten, durch einen Vorhang getrennten Zimmer entweder gefesselt an einen
Stuhl oder in tiefem Schlaf versunken. Die Sitzungen begannen immer abends
um halb neun Uhr. Es geschahen nun allerlei Dinge, die sich die Anwesenden
nicht erklären konnten: Es wurden ihnen zum Beispiel von unsichtbarer
Hand Sachen dargereicht, die zuvor auf dem Tische lagen; auch wurden sie
bald im Gesichte, bald am Hals, bald an den Händen von einer unsichtbaren
kalten Hand berührt; ferner erschienen allerlei schwebende Geistergestalten
in weißen Kleidern. Man ließ nun bei der Tür eine zweite
geheime Tür einbauen, die nach beiden Seiten in die Wand zurückgeschoben
werden konnte. Diese Tür konnte durch Anziehen einer Schnur mit einem
Ruck geschlossen werden. Bei der Sitzung am 14. Februar gelang es dann,
den Geist durch diese Klapptür zu fangen. Und wer war wohl dieser
gefangene Geist? Es war Bastian selbst, der mit weißem Oberkleid
und in Fußsocken zum allgemeinen Gelächter dastand. Da Bastian
vor Schreck zitterte, hatte der Kronprinz Mitleid mit ihm und sprach:
"Seien Sie unbesorgt. Es geschieht Ihnen nichts." Selbstverständlich
machte sich nun Bastian schleunigst davon.
Quelle: Spirago, Franz, Beispiel-Sammlung für das christliche Volk, Prag 1918, Nr. 668