Friedrich der Schöne wird gefangen
Im Jahre 1313 starb Kaiser Heinrich VII. Im nachfolgenden Jahre kamen die Kurfürsten in Frankfurt zusammen und erwählten zwei römische Könige, nämlich Herzog Ludwig von Bayern und Herzog Friedrich von Österreich. Daraus wurde ein großes Blutvergießen; jedoch erhielt König Ludwig das Reich, und Friedrich wurde deswegen gefangen.
König Friedrich war nämlich stolz und hochmütigen Sinnes, darum fiel er bei seinen Lehnsleuten, den Herren und Rittern, in Ungunst und Unwillen. Als er sich mit König Ludwig schlagen wollte, wurden sie unwillig, verzogen mit ihrem Angriffe, und so wurde er gefangen.
Nun hatte König Ludwig in Bayern einen Lehnsmann mit Namen Weigel,
der zwar nicht von Adel, aber doch fromm, weise und vorsichtig war. Dieser
hatte ein Schloß gebaut, das er "Traunichts" nannte. Zur
gefänglichen Verwahrung wurde Friedrich von Ludwig ihm übergeben
und auf das feste Schloß "Traunichts" geführt. Als
König Friedrich das Schloß zu Gesicht bekam, sagte er, es heiße
billig "Traunichts", denn er habe sich nicht getraut, daß
er gefänglich hierhergeführt werden würde. Er saß
dreieinhalb Jahre gefangen und litt viel vom bösen Geiste, der ihn
aus dem Gefängnis herauszuführen versprach. Wollte er aber seiner
Haft ledig werden, mußte er unter anderem folgende Bedingung annehmen:
daß in Ewigkeit, wenn ein Herzog von Bayern und ein Herzog von Österreich
in der Wahl eines römischen Königs einander gegenüberstehen
sollten, der Österreicher dem Bayern zu weichen hätte. Das mußte
Friedrich hoch und teuer für sich und das Haus Österreich versichern
und verschreiben; aber Kaiser Maximilian hat diese Verschreibung im bayerischen
Kriege wieder herausgebracht, denn wollte Herzog Albrecht vom Kaiser Schutz
und Schirm wider die Pfalz haben, so mußte er diese Verschreibung
wieder herausgeben.
Quelle: Werhan, Karl, Die deutschen Sagen des Mittelalters, 2 Bde., München 1920, S. 152 f.