Graf Piccolomini in Osnabrück

Groß war die Freude im ganzen Reich, besonders aber in der guten Stadt Osnabrück, als hier nach dem schrecklichen Kriege, den man den Dreißigjährigen nennt, endlich der Friede geschlossen wurde. Die Leute umarmten sich auf der Straße; bunte Flaggen wehten an den Häusern und von den Kirchen scholl das Geläute der Glocken.

Ganz Osnabrück wollte den Feldherrn Piccolomini sehen, der von Wien gekommen war, um im Namen des Kaisers Ferdinand III. den Krieg zu beenden. Die Stadt war beleuchtet; die Männer brachten einen Fackelzug; Frauen und Mädchen drängten sich in den Straßen; nur die Knaben sollten überall zurückstehen. Sie wollten aber auch mitwirken, und am nächsten Morgen bereiteten sie dem Gesandten eine eigenartige Überraschung: Feine Trompenstöße riefen ihn auf den Altan, und siehe da, aus den nächsten Straßen kam ein langer Zug von Knaben, die trugen grüne Reiser am Hute und Fähnlein und Lanzen in den Händen. Sie kamen nicht zu Fuß, 1478 Männlein ritten, trotteten und galoppierten alle auf Steckenpferden. Es war von oben wie ein großes, bewegtes Wasser anzusehen, wie sie durcheinanderritten und mit ihren feinen Stimmen "Vivat! Vivat!" schrien. Der Herzog und alle Gesandten lachten. Ja, sogar der Kaiser lachte, als er die Geschichte von den Osnabrücker Jungen hörte, und er befahl sogleich, daß besondere Pfennige für die Steckenpferdreiter geschlagen würden. Diese Pfennige sind heute noch zu sehen. Sie sind viereckig. Auf der einen Seite ist ein Knabe, der auf einem Steckenpferd reitet, dargestellt mit der Inschrift "Friedens-Gedächtnis, Nürnberg 1650". Auf der anderen Seite steht in lateinischer Sprache "Es lebe Ferdinandus III., der römische Kaiser!".

Quelle: Schirmeyer, Ludwig, Osnabrücker Sagenbuch, Osnabrück 1967, S. 97