Der Sieveringer Sagenkreis
um Karl und Agnes
XV. [Version]
Nachdem das Schloß des "Burgherrn" Karl und seiner "Gemahlin"
Agnes versunken war, pflegten Holzhauer um die Mittagszeit einen Buben
mit einem Krug zu dem Brünnlein zu schicken. Da sah er einst eine
Frau in weißem Gewande; die wusch ihr langes, schwarzes Haar im
Brünnlein. Der Bube füllte dennoch seinen Krug und trank. Da
fragte die Agnes, denn niemand anderer war es, ob es ihn nicht ekle. "O
nein", sagte er und ging seines Weges. Als die Holzhauer tranken,
war es guter Wein. Verwundert fragten sie, wo er den Wein her habe? Der
Bub beteuerte, er habe Wasser geholt, und erzählte seine Begegnung
mit der weißen Frau. Sie schickten nun den Buben abermals und er
brachte wieder Wein, das drittemal aber Wasser. Nach dieser Begebenheit
trug das Volk Wasser vom Brünnlein als Heilmittel
für Augenkranke nach Hause.
Quelle: Die Sagen und Legenden der Stadt Wien,
herausgegeben von Gustav Gugitz, Wien 1952, Nr. 6, S. 18
Für SAGEN.at korrekturgelesen von
Anja Christina Hautzinger, April 2005.