Der Sieveringer Sagenkreis
um Karl und Agnes
XVIII. [Version]
Die herumwandelnde Agnes ist in verschiedenen farbigen Kleidern gesehen
worden, meist aber in weißer Kleidung. Oft wird sie auf einem Blätterwagen
von Tauben gezogen, fährt bei hellem Sonnenschein durch die Lüfte
und grüßt die Wandernden. Am häufigsten erscheint Agnes
den Bittenden, indem sie ihnen auf die Schulter klopft und Kohlen austeilt.
Sie sagt immer ihren Namen und fügt hinzu, man möge ihrer gedenken.
Einer Frau, die mit ihrer Tochter Waldmeister suchte, begegnete sie in
schwarzem Gewande; sie hatte schwarze, herabhängende Haare und einen
schwarzen Schleier. Sie winkte der Tochter, führte sie in eine mit
blauen und weißen Sternen ausgemalte Hütte und hieß sie
in die dort stehenden Fässer langen. Das Mädchen brachte aber
nichts heraus, darum sagte die Agnes:
"Meine Tochter, du bist noch nicht ganz rein von Sünden."
Das Mädchen ging nach Hause, beichtete und erschien am folgenden
Sonntag am bezeichneten Platze, aber die Agnes war nicht zu sehen.
Quelle: Die Sagen und Legenden der Stadt Wien,
herausgegeben von Gustav Gugitz, Wien 1952, Nr. 6, S. 19f
Für SAGEN.at korrekturgelesen von
Anja Christina Hautzinger, April 2005.