Der Bärenhäuter

Nach der Schlacht von Varna im Jahre 1444 wurde einer der fliehenden deutschen Landsknechte nur unter dieser Bedingung vom Teufel gerettet, daß er ihm gelobte, durch eine Reihe von Jahren, bloß in ein Bärenfell gehüllt, im Walde zu leben und sich niemals zu reinigen, was der Schutzbefohlene auch getan. Der Besitzer des Warenhauses am Lugeck im 1. Bezirk gab dem häßlichen und ungeleckten Patron, der heidenmäßig viel Gold besessen, seine jüngste Tochter zur Frau. Vor der Hochzeit entpuppte sich aber das menschliche Ungetüm als ganz hübscher Mann, worüber die zwei älteren Schwestern vor Neid außer sich gerieten und die eine sich erhängt, die andere sich in den Hausbrunnen gestürzt hatte. Ein Doppelmord zweier Schwestern ereignete sich tatsächlich in diesem Hause, an dem man zur Erinnerung an den Bärenhäuter als Wahrzeichen einen steinernen Bären im Relief anbrachte. Früher befand sich in der Vorhalle die Skulptur eines Mannes von robustem Körperbau, der auf einer Bärenhaut lag und mit einer Hand einen in der Nähe liegenden Bogen zu suchen schien, während er mit der anderen Hand ein Büffelhorn emporhob. Man brachte dieses Denkmal auch mit dem Markomanenführer Marbod in Zusammenhang.

Quelle: Die Sagen und Legenden der Stadt Wien, herausgegeben von Gustav Gugitz, Wien 1952, Nr. 106, S. 119
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Anja Christina Hautzinger, April 2005.