Der ewige Jude in Wien
a)
Der ewige Jude war
auch einmal in Wien; er saß auf der sogenannten Magdalenenwiese
(im Lichtental) und rastete. Er war jüdisch gekleidet, hatte einen
grünen Schurz um und sprach hebräisch.
b)
Einmal stand ein Mädchen, dessen Vater im Sterben lag, vor dem Riesentor
und bettelte die Vorbeigehenden um Lebensjahre für ihren Vater an.
Von einem Jüngling und einer Frau hatte das Kind auf diese Weise
schon einige Lebensjahre erhalten. Da kam ein uralter großer Mann
mit Schlapphut und zerfetztem Mantel, lang flatterndem weißen Kopf-
und Barthaar, die Füße in schweren, großen und eisenbeschlagenen
Schuhen steckend, daher. Auch ihn bettelte das Mädchen an. Da schenkte
er dem Kinde unter Schelten und Fluchen alle Jahre, die er noch zeitlos
zu durchwandern hatte, und verschwand. Das war Ahasver, den man seither
nicht mehr gesehen hat.
Quelle: Die Sagen und Legenden der Stadt Wien, herausgegeben von Gustav Gugitz, Wien 1952, Nr. 147, S. 156