Zum Heidenschuß
Auf dem Platze, wo vor Zeiten das sogenannte
Innere Stadttor am Heidenschuß stand, steht gegenwärtig ein
großes Eckhaus. Der Sage nach soll hier bei der ersten türkischen
Belagerung im Jahre 1529 eine feindliche Mine entdeckt werden sein. Das
Haus bewohnte damals ein Bäcker; ein im untersten Keller zur Nachtzeit
arbeitender Bäckerjunge, man nennt ihn Josef Schulz, aus dem Städtchen
Bolkenhain in Schlesien gebürtig, entdeckte die unterirdische Arbeit
des Feindes durch die hüpfende Bewegung einiger Würfel, die
auf einer Trommel lagen, und machte die Anzeige beim Stadtkommandanten,
der sogleich die nötigen Gegenarbeiten vornehmen ließ. Die
durch den Minengang vordringenden Türken wurden unschädlich
gemacht. (Nach einer Variante dadurch, daß man in die Mine Wasser
laufen ließ, wodurch die Türken ertranken.)
Daß durch diese Entdeckung ein großes Unglück von dem
südwestlichen Teil der Stadt abgewendet worden ist, soll das Privilegium,
das Ferdinand I. der Wiener Bäckerinnung erteilte, bezeugen, demzufolge
die Altgesellen am zweiten Osterfeiertage mit fliegenden Fahnen, klingendem
Spiel einer türkischen Musik und dem Innungsbecher durch die Stadt
ziehen durften. Es war dies der sogenannte Bäckeraufzug. Er wurde
zum letztenmal im Jahre 1810 abgehalten.
Quelle: Die Sagen und Legenden
der Stadt Wien, herausgegeben von Gustav Gugitz, Wien 1952, Nr. 99, S.
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Für SAGEN.at korrekturgelesen von
Anja Christina Hautzinger, April 2005.