Maria mit der Art
Im Jahre 1607 wurde in der Franziskanerkirche zu Wien die Gnadenstatue
Maria mit der Art aufgestellt, die bis dahin schon eine reich mit Wundern
erfüllte Legende aufzuweisen hatte. Man sagte, daß dieses Standbild
einer hl. Maria mit dem Kinde schon im 14. Jahrhundert in der Zisterze
Nepomuk die wunderbare Wirkung besessen hätte, Unfruchtbare fruchtbar
zu machen. So soll auch der hl. Johann von Nepomuk seine Geburt dieser
Gnadenstatue zu verdanken haben. Die Protestanten, besonders das Geschlecht
derer von Sternberg, suchten die Statue auf jede Weise zu vernichten.
Man warf sie ins Feuer, aber sie sprang zum Entsetzen der Ketzer wieder
unversehrt aus den Flammen. Wenn man sie entfernte, stand sie Tags darauf
wieder an ihrem alten Standplatz. Sie wurde durch die Sternberge in den
Brauofen geworfen und sprang ohne Makel heraus. Dem Ortsrichter mißlang
das Zerhacken mit einem Beil daher erhielt die Statue den Beinamen Maria
mit der Art. Der Ortsrichter starb nach seiner Verwandlung in eine kohlschwarze
Gestalt, und Andreas von Sternberg wurde seiner Sinne beraubt. Der Kultgegenstand
wurde sodann in einen Teich geworfen, aber während der Nacht durch
Engelshände herausgezogen. Als er auf eine Brücke gestellt wurde,
führten ihn die Protestanten wieder weg und warfen ihn in ein Holzgewölbe.
Noch zweimal blieb die Statue im Feuer, in das sie geworfen wurde, unversehrt
und sprang aus demselben. Wieder sperrte man sie in ein Holzgewölbe.
Zur Strafe wurde nun gleich seinem älteren Bruder auch Graf Ferdinand
Sternberg irrsinnig und ermordete seine Mutter. Vor seiner Hinrichtung
erkannte er seinen Frevel und bereute ihn. Der jüngste Bruder, Graf
Ladislaus, brachte das Gnadenbild wieder zu Ehren und nahm es sogar in
einem Feldzug gegen die Türken mit, wo sich auch die Wunderkraft
dieses Heiltums durch einen bedeutenden Sieg über die Türken
bewährte. Als aber Graf Ladislaus gezwungen war, wegen seiner Schulden
die Marienstatue zu verkaufen, wurde er zur Strafe wegen des Schacherns
mit einem heiligen Gegenstand in ein Gefängnis geworfen, worin er
starb. Der Käufer der Statue, Graf Turnowsky, brachte sie nach Wien,
und als er zum Transport ein lahmes Pferd benützte, wurde dieses
dabei gesund. Da die Gräfin Turnowsky, die Protestantin war, die
Statue aber verspottete, so schenkte sie der Graf dem Franziskanerkloster
in Wien, wo sie im Jahre 1607 in der Kirche aufgestellt wurde. Man brachte
später an ihrer Schulter eine Art an, als Erinnerung an die erlittenen
Mißhandlungen, und gab ihr daher den Beinamen Maria mit der Art.
Über ihre Wunderwirkungen liegen verschiedene Mirakelbücher
vor, und sie wurde vor allem die Patronin gegen Feuersgefahr für
die Stadt Wien. Als im Jahre 1741 viel feuergefährliches Material,
wie Pulver, in Wien wegen der Kriegsgefahr angehäuft war, ließ
man 10.000 Abbildungen der Statue als Talisman für die Häuser
und Wohnungen austeilen. Doch wurde zur Gnadenstatue auch während
der Pestzelten von 1679 und 1713 starke Zuflucht genommen.
Quelle: Die Sagen und Legenden
der Stadt Wien, herausgegeben von Gustav Gugitz, Wien 1952, Nr. 77, S.
95f
Für SAGEN.at korrekturgelesen von
Anja Christina Hautzinger, April 2005.