Die weiße Frau im Schottenkloster
Seit Jahrhunderten, so lange die Menschen für das Geistersehen noch
ein Auge gehabt haben, sind die Schottenmönche auf ein trauriges
Ereignis stets gehörig vorbereitet worden. Es erhellten sich im Schottenkloster
in mitternächtlicher Stunde plötzlich Gänge und Hallen.
Die unglückliche Berta von Rosenberg (2. Mai 1476) ging um. Kaum
hatte der junge Novize starr und atemlos vor Entsetzen die in einem bis
auf die Erde hängenden weiße Talare erscheinende weiße
Frau erblickt, so verschwebte sie augenblicklich wieder in die Gruft,
wo jetzt schon über 400 Jahre ihr Leib der Auferstehung harrt. Niemals
hatte es was Gutes zu bedeuten gehabt, wenn es bei den Schotten umging.
Meist kündigte es den Tod eines der Brüder oder wohl gar des
Abtes an.
Quelle: Die Sagen und Legenden
der Stadt Wien, herausgegeben von Gustav Gugitz, Wien 1952, Nr. 45, S.
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Für SAGEN.at korrekturgelesen von
Anja Christina Hautzinger, April 2005.